Schüler kochen für Schüler

Schüler kochen für Schüler im Ganztag

Essen und Trinken ist ein wesentlicher Lebensbestandteil, der nicht nur der Gesunderhaltung und dem Erhalt der Leistungsfähigkeit dient, sondern auch viel mit Lebensfreude, Genuss und Gemeinschaft zu tun hat. Gleichzeitig ist das Essen und Trinken auch ein sehr persönliches, intimes Thema.

Da die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte zunehmend mehr Lebenszeit in der Schule verbringen – insbesondere im Rahmen des Ganztagsschulsystems – müssen die Mahlzeiten und deren Vorbereitung sinnvoll in das Schulleben integriert werden. Diese Fachinformation zeigt die vielschichtigen Aspekte einer Einbindung der Schulkinder in die Zubereitung der Mahlzeiten auf und fasst zusammen, was bei der Umsetzung zu beachten ist.

„Die Einbindung der Schulkinder in die Speisenzubereitung sowie weitere Aufgaben im Verpflegungsbereich bietet insbesondere im Ganztag vielfältige Chancen.“

Einbettung in den Ganztag

Das Einbinden von Schülerinnen und Schülern in die Speisenzubereitung lässt sich gut in den Ganztag integrieren. Hier sollte zunächst der Bedarf im Tagesverlauf, also über das Mittagessen hinaus, geklärt werden: Wie viele Schülerinnen und Schüler sind zu welchen Tageszeiten an der Schule und könnten am Essen teilnehmen beziehungsweise eine Zwischenmahlzeit oder ein Frühstück benötigen?

Eventuell können freiwillige AGs im Rahmen des Ganztagsangebotes unter anderem in die Speisenplanung, die Gestaltung des Snackangebotes oder sogar in die Betreibung eines Pausenkiosks involviert werden. Als Leitfaden zur Gestaltung und Umsetzung sollten die aktuellen DGE-Qualitätsstandards herangezogen werden.
 

Schulkultur und Umfeld

Sinnvoll ist die Integration des Konzeptes in das Leitbild der Schule. Welche Kriterien (zum Beispiel ausgewogenes Essen für alle, minimales Müllaufkommen) will die Schule mit dem Schülerkochen abdecken, welche Lernziele (wie vorausschauendes Arbeiten im Team, praktische Kompetenzen) sollen erreicht werden? 

Der Ganztag bietet hier einen idealen Rahmen, um die Schülerschaft nicht nur in den Schulfächern, sondern auch in den praktischen und sozialen Kompetenzen zu fördern. Durch die Einbindung in die Zubereitung der Mahlzeiten haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und ihr Verantwortungsbewusstsein zu stärken. 

Entscheidend für die Ausgestaltung des Konzepts ist auch die Lage der Schule und ihre Klientel. Liegt die Schule in unmittelbarer Nähe mehrerer Supermärkte und Im- bisslokale, ist die Herausforderung umso größer, die Schülerinnen und Schüler für das Angebot der Schule zu gewinnen. Hier kann der Ganztag als Instrument dienen, um ein attraktiveres und gesundes Verpflegungsangebot zu schaffen, das die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, die Mahlzeiten in der Schule einzunehmen. Gerade unter dieser Voraussetzung ist eine Identifikation und Partizipation der Kinder und Jugendlichen besonders wichtig und wirksam. 

Liegt die Schule im Bereich sozialer Brennpunkte, wird sie gehäuft mit dem Problem konfrontiert werden, dass einige Kinder kein Geld für das Mittagessen erhalten und/oder den Schultag ohne Frühstück beginnen müssen. Dies stellt insbesondere dann eine besondere Herausforderung dar, wenn die Schule ein digitales Bestell- und Abrechnungssystem verwendet. Den betroffenen Kindern kostenlose Speisen bereitzustellen und sie dennoch nicht zu stigmatisieren, erfordert besonderes pädagogisches Feingefühl und diplomatisches Geschick, welches im Ganztag durch einfühlsame Betreuung und Unterstützung seitens der Lehrkräfte und des Personals gewährleistet werden kann, insbesondere, wenn sie selbst oder ihre Mitschüler in den Zubereitungsprozess oder die Speisenabgabe eingebunden sind.

Ist die Schule international geprägt, sollten verschiedene religiöse Speiseregeln beachtet werden; gleichzeitig kann dies auch als Chance genutzt werden, andere Kulturen kennenzulernen und in den aktiven Austausch zu gehen. Das kann zum Beispiel im Rahmen von Aktionstagen wie dem Tag der Schulverpflegung oder AGs geschehen und somit auch einen Zugang zur Elternschaft ermöglichen. Speisen und Getränke verschiedener Kulturen können regelmäßig in den Speiseplan oder das Kioskangebot integriert werden und Anregungen für abwechslungsreiche vegetarische Gerichte liefern. Das gelingt besonders gut, wenn die Kinder selbst dabei mitwirken.

Partizipation als Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung

Kinder und Jugendliche verbringen die meiste Zeit in der Schule, nicht zu Hause. Somit nehmen sie auch den überwiegenden Anteil der Mahlzeiten in der Schule ein. Die Mensa ist jedoch mehr als nur der Ort des Verzehrs; sie ist ein wichtiger Baustein der praktischen Ernährungsbildung und kulturellen Gestaltung, möglicherweise auch eine Hilfe zur Berufsorientierung. Wird dieser Aspekt genutzt, kann eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Mensa und Schulalltag gelingen. 

Je mehr Schülerinnen und Schüler einbezogen werden, umso höher wird der Stellenwert der Mensa im Schulalltag sein. Gemeinsames Kochen stärkt die Gemeinschaft, denn man lernt, im Team zu arbeiten. Des Weiteren werden Speisen eher wertgeschätzt, weil die damit verbundene Arbeit – teilweise vom Schulgarten bis auf den Teller – selbst durchlebt wird. Jedes Teammitglied trägt Verantwortung, der Schulgemeinde etwas Gutes auf den Tisch zu bringen. Durch die Einbindung können Schülerinnen und Schüler partizipieren und darüber hinaus noch ihre eigenen Ideen einbringen, sodass die Akzeptanz für ein gesundheitsförderliches Verpflegungsangebot noch mehr steigt.

Grundsätzlich sind bei der Einbindung der Schulgemeinde in die Lebensmittelzubereitung mehrere Modelle der Mitwirkung denkbar:

  • an einem regelmäßigen Tag während des laufenden Schuljahres.
  • an ausgewählten Aktionstagen.
  • eine ganze Woche im Schuljahr in einer festen Gruppe, die dann von der nächsten Gruppe abgelöst wird.

Jede Schule hat ihre Besonderheiten, daher wird die Umsetzung nicht überall identisch sein und bedarf einer individuellen Anpassung auf die Rahmenbedingungen der Schule unter Berücksichtigung der Schulkultur sowie des Ganztagsprofils. Der Qualitätsrahmen ganztägig arbeitender Schulen in Hessen ermöglicht eine umfassende und zielgerichtete Einschätzung der Modelle und kann eine ganzheitliche und qualitativ hochwertige Umsetzung gewährleisten. Er bietet eine wertvolle Orientierung und Unterstützung bei der Einbindung des Schülerkochens im Ganztag. 

Die Organisationsform kann im Rahmen des Unterrichtes Arbeitslehre, als Projekt, Praktikum oder AG gestaltet sein. Auch eine Schülerfirma ist ein sehr interessanter Ansatz und kann fächerübergreifend gestaltet werden. Gerade bei der Umsetzung dieses Konzeptes im Ganztag üben die Beteiligten die kompletten Prozessabläufe von der Planung und Kalkulation über den Einkauf, die Herstellung, die Speisenausgabe bis hin zur Entsorgung/Reinigung und Kassenprüfung.

Voraussetzungen für die Umsetzung

Zunächst sollte geklärt werden, ob die gegebenen Strukturen für das Schülerkochen geeignet sind. Was es zu beachten gilt, haben wir im Folgenden auf einen Blick für Sie zusammengefasst. 

Der zweite Schritt ist, zu entscheiden, nach welchem Konzept die Schülerinnen und Schüler eingebunden werden sollen, insbesondere innerhalb des Ganztagsschulsystems, das heißt. im Rahmen eines zeitlich begrenzten Projekts, als AG oder kontinuierlich über das ganze Schulhalbjahr.

Erforderliche Strukturen

Die zentrale Bedingung ist eine ausreichend ausgestattete Küche: Sie muss den hygienischen Anforderungen entsprechen und eine Zubereitung ermöglichen (Zubereitungsküche). Außerdem muss sie genug Platz für die Lehrkräfte/das Fachpersonal und die Schülerinnen und Schüler bieten.

Wichtig ist auch eine ausreichende personelle Besetzung, deren Qualifikation und Motivation. Für 100 – 200 Essensgäste veranschlagt man je eine pädagogische und eine professionelle Küchenkraft, das heißt Koch/Köchin oder Diätassistent/Diätassistentin (gegebenenfalls kann eine Küchenhilfe ausreichend sein, wenn diese entsprechende Erfahrung und Motivation mitbringt). Diese Personen stehen für die Betreuung von 6 – 8 Schülerinnen und Schülern sowie zur Speisenvor- und Zubereitung zur Verfügung. 

Meist ist der Ablauf geordneter, wenn das professionelle Team im Vorfeld die wichtigsten Vorbereitungen trifft und die Schülerinnen und Schüler die Zubereitung am Vormittag für eine oder zwei Doppelstunden unterstützen. Idealerweise geschieht dies im Rahmen des Unterrichtsfaches Arbeitslehre, sodass der Unterrichtsausfall gering gehalten werden kann oder bestmöglich kein Unterricht entfällt.

Bei der Stundenplanung müssen auch die Mitwirken- den in der Küche berücksichtigt und das Schülerkochen hinsichtlich der Schulzeit und Rhythmisierung in das ganzheitliche Konzept eingebunden werden. 

Falls Schülerinnen und Schüler für den Kücheneinsatz aus dem regulären Unterricht herausgenommen werden, sollte ein Zeitfenster zur Nachholung des Unterrichtsstoffs gewährleistet sein. Insbesondere wenn das Engagement in der Küche freiwillig erfolgt, sollte über entsprechende Würdigungen im Zeugnis, durch Zertifikate oder Ähnliches nachgedacht werden, um das Engagement wertzuschätzen und die dadurch erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sichtbar zu machen.

Die rechtliche Situation gestaltet sich je nach geplantem Konzept: Handelt es sich beim Schülerkochen um einen Unterrichtsbestandteil, zum Beispiel im Fach Arbeitslehre, dann sind die Kinder über die Berufsgenossenschaft unfallversichert. Müssen die Schülerinnen und Schüler von regulärem Unterricht befreit werden, muss die Gesamtlehrerkonferenz, gegebenenfalls die Gesamtkonferenz, zustimmen. 

Wenn sie regelmäßig in der Küche zum Einsatz kommen, ist eine Hygieneschulung/-Belehrung vorgeschrieben. Die Erstbelehrung nach IFSG §§ 42/43 hat über das zuständige Gesundheitsamt zu erfolgen. Wenn es sich um zeitlich begrenzte Projekte handelt, genügt eine interne Einweisung zur Lebensmittel- und Küchenhygiene. In allen Fällen ist aber darüber hinaus eine ausführliche Unterrichtseinheit/Schulung zur Küchen- und Lebensmittelhygiene und zum Infektionsschutz empfehlenswert.

Vor dem ersten Einsatz ist eine Sicherheitseinweisung zur Unfallvermeidung in der Küche erforderlich. Der Umgang mit Küchengeräten und Bedarfsgegenständen sollte in einer praktischen Unterrichtseinheit geschult werden. 

Dazu gehören auch Regeln im Umgang mit elektrischen Geräten, scharfen Gegenständen und hohen Temperaturen, um Unfallgefahren zum Beispiel durch Stolpern, Ausrutschen oder durch überstehende Griffe von Töpfen und Pfannen auf der Kochstelle zu minimieren. 

Eine Grundregel ist, keine Gegenstände liegenzulassen und übergelaufene Flüssigkeiten sofort aufzuwischen. Im Sinne des Jugendschutzes sind gefährliche Substanzen wegzuschließen und geregelte Pausen einzuhalten.

Ist ein Interesse bei den Schülerinnen und Schülern vorhanden? Das Stimmungsbild sollte bei der Schülerschaft eruiert werden.

Da gegebenenfalls Unterrichtsstoff nachgeholt werden muss, bedeutet es eine hohe Einsatzbereitschaft der Kinder und Jugendlichen. Das Konzept sollte in das Schulprofil eingebettet werden und, wie bereits erwähnt, im Vorfeld durch entsprechende Gremien verabschiedet sowie die Elternschaft hierüber informiert werden. 

Die Ausrichtung des Schülerkochens sowie die Umsetzung begleitender Maß- nahmen zur Sensibilisierung hinsichtlich einer gesundheitsförderlichen Ernährung und deren Bedeutung, beispielsweise im Rahmen von AGs oder Projektwochen, sollten im Mensakreis thematisiert und Zielvereinbarungen getroffen werden. Der Mensakreis sollte auch über die wichtigsten vertraglichen Konditionen des Caterers informiert sein, um besser planen zu können.

Vorbereitung der Umstellung

Wenn es nun konkret werden soll, empfiehlt sich eine schrittweise Umstellung:

  • Voraussetzungen für eine Realisierbarkeit prüfen: Küche, Personal, Stundenplan, Interesse auf Schülerseite. 
  • Konzept/Organisationsform festlegen: Welche Umsetzung soll zunächst erfolgen? 
  • Projektvorhaben in der Gesamtkonferenz vorstellen: Eltern, Lehrerkollegium und Gesamtkonferenz müssen zustimmen. 
  • Kontakt zum Schulträger aufnehmen: Zeitlichen Vorlauf für die Neueinstellung des Küchenpersonals abklären, Vertragsdauer mit dem Caterer sowie Kündigungsfristen beachten. 
  • Förderverein einbinden: Finanzieller Spielraum durch Spenden kann hilfreich sein.

Praxistipps

Es gibt viele Umsetzungsmöglichkeiten des pädagogischen Kochens. Für den Anfang bewährt sich erfahrungsgemäß ein regelmäßiger Einsatz im Rahmen des Arbeitslehre-Unterrichtes. Die Speiseplanung, der Einkauf und die ersten Vorbereitungen am Morgen erfolgen durch die pädagogische und die Küchenfachkraft. Die Schulkinder werden dann für eine Doppelstunde mit bestimmten Aufgaben in der Küche betraut.

Argumente für das Gespräch mit dem Schulträger im Vorfeld sammeln. Manche Schulträger wollen erst überzeugt werden, bevor sie sich auf das „Experiment“ des pädagogischen Kochens einlassen.

Kontakt zum örtlichen Gesundheitsamt aufnehmen, ob gegebenenfalls Sonderregelungen hinsichtlich der Erstbelehrung möglich sind. Eventuell kann die Belehrung auch im Schulgebäude stattfinden und/oder eine ermäßigte Gebühr eingeräumt werden.

Hygieneschulung noch vor den Sommerferien einplanen, sodass nach den Ferien direkt gestartet werden kann. Ein Nachteil ist allerdings, dass dann einiges wieder vergessen wird, da es in den Ferien nicht zur Anwendung kommt. Hier sollte daher abgewogen werden.

Die Eltern hinsichtlich der Hinderungsgründe nach Infektionsschutzgesetz (IFSG) aufklären und ihnen ein schriftliches Dokument (Belehrungsbogen) aushändigen. So können sie zum Infektionsschutz beitragen, wenn sie ihre Kinder im Falle einer meldepflichtigen Infektion vom Küchendienst abmelden und eine ärztliche Abklärung veranlassen. 

Trotz individueller Rahmenbedingungen stehen Schulen, die sich auf den Weg machen möchten, vor vergleichbaren Herausforderungen. Hier bietet sich ein Erfahrungsaustausch mit Schulen an, die das Schülerkochen bereits erfolgreich umsetzen und von ihren Schritten zum Gelingen berichten können.

Nach einem Jahr: Resümee ziehen

Eine jährliche Evaluation ist immer hilfreich, um gegebenenfalls etwas zu optimieren und das Projekt zu festigen oder sogar auszubauen. Folgende Aspekte sollten erfragt werden, um im Mensakreis die nächsten Schritte und Zielvereinbarungen zu definieren:

  • Wie wurde das Projekt in der Schülerschaft angenommen? (Nachfrage nach dem praktischen Unterrichtsmodul)
  • Waren die Schülerinnen und Schüler zuverlässig?
  • Gab es Herausforderungen oder Beschwerden? Wenn ja, welche?
  • Was lief besonders gut, was kann im Sinne des Schulentwicklungsprozesses optimiert werden?

Ist die Schulgemeinde zufrieden, kann das Konzept zu einer erfolgreichen und bereichernden Dauereinrichtung für alle Beteiligten werden.

Fazit

Die Einbindung der Schulkinder in die Speisenzubereitung sowie weitere Aufgaben im Verpflegungsbereich bietet insbesondere im Ganztag vielfältige Chancen. Wenn das Zusammenspiel des pädagogischen Konzeptes mit dem Verpflegungsangebot strukturiert vorbereitet wird, liegt darin ein enormes Potenzial sowohl im Versorgungs- als auch im Bildungsbereich. So kann die gesamte Schulgemeinde profitieren und partizipieren.

Fachliche Expertise

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Fachinformation

Schüler kochen für Schüler im Ganztag

Dr. Sabine Poschwatta-Rupp
Oecotrophologin, Humanbiologin und Beraterin an der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Hessen (Dr. biol. hom. Dipl. oec. troph.)