Bildung und Teilhabe

Bildung und Teilhabe (BuT)

Das Bildungs- und Teilhabepaket unterstützt Kinder aus einkommensschwachen Familien bei der Teilnahme an Schul- und Freizeitaktivitäten. Was sind die Chancen von Bildung und Teilhabe und wie läuft der Antrag ab?

Für Eltern, die auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen sind, stellt es im Vergleich zu Eltern mit höheren Einkommen oftmals eine Herausforderung dar, ihren Kindern Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung und diverse Ganztagsschulangebote zu bieten. Hierbei ist auch die Teilnahme am Mittagessen in der Schule zu nennen.

Kinder an diversen Aktivitäten und am Gemeinschaftsleben teilhaben zu lassen und sie aktiv zu beteiligen, wirkt sich positiv auf das Lernen aus und steigert das Wohlbefinden und die Gesundheit. Ein bewährtes Angebot, um dies zu ermöglichen, ist das Bildungs- und Teilhabepaket. 

Zielsetzung

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde 2011 entwickelt, um Kindern und Jugendlichen aus Familien, die Sozialleistungen beziehen oder ein geringes Einkommen haben, verschiedene Leistungen anzubieten. Durch die Nutzung dieser Leistungen können junge Menschen an der Schulgemeinschaft und an schulexternen Freizeitangeboten noch vielfältiger und damit auch „gleichberechtigter“ teilnehmen, so dass Chancengleichheit im Sinne von Bildung und Teilhabe gezielt gefördert wird. 

„Im Hinblick auf die Teilhabe im Ganztag – sei es in Form eines Mittagessens oder von ernährungsbildenden Maßnahmen – bieten die BuT-Leistungen ein großes Potenzial, das möglichst von allen Antragsberechtigten ausgeschöpft werden sollte.“

Bedeutung der Mittagsverpflegung für ganztägig arbeitende Schulen

Ein gemeinsames Mittagessen und eine gute Schulverpflegung gehören selbstverständlich zur Ganztagsschule. Denn Schüler und Schülerinnen haben im Ganztagsschulbereich täglich das Anrecht auf ein warmes, ausgewogenes Mittagessen (Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen in Hessen, § 15 Hess. Schulgesetz). 

Das Mittagessen leistet einen wesentlichen Beitrag zur täglichen Versorgung mit Nährstoffen und ausreichend Energie zum Lernen und Bewegen. Damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler am Essen teilnehmen können, ermöglicht das BuT-geförderte Mittagessen die Teilnahme, wenn ihre Eltern dies finanziell nicht leisten können. 

Das soziale Miteinander, gerade beim gemeinsamen Essen und Trinken in der Schule, schafft neue Erfahrungen und Gefühle der Zusammengehörigkeit sowie Geschmackserlebnisse, die das Ess-, Ernährungs- und Gesundheitsverhalten bereits in jungen Jahren prägen. Ein gut gestaltetes Mittagessen im Ganztag fördert außerdem die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit über den gesamten Tag hinaus und trägt zum erfolgreichen Lernen bei. 

Die Mensa kann sich im Ganztag als Lernort und Lebensraum ideal in den Schulalltag integrieren. Sie bietet einen Ort, an dem soziales Miteinander erlebbar und das Kennenlernen saisonaler und regionaler Lebensmittel- und Geschmacksvielfalt ermöglicht wird.

Nicht nur die Teilnahme am Mittagessen kann durch BuT ermöglicht werden, sondern auch die Einbindung in ernährungsbildende Aktivitäten wie die Koch-AG am Nachmittag oder der Besuch eines außerschulischen Lernorts mit Fokus auf Ernährung. 

Im Rahmen solcher Angebote in der Schule kann mit BuT-geförderten Fahrtkosten zum Beispiel der Besuch auf dem „Bauernhof als Klassenzimmer“, einer Obstplantage oder eines Wochenmarktes gelingen, wo die Schülerinnen und Schüler wichtige Kompetenzen und ein Bewusstsein für eine gesunde Ernährung erwerben, um eigenverantwortliche Konsum- und Verbraucherentscheidungen treffen zu können. 

Insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Benachteiligung von Kindern aus finanziell schwächeren Haushalten und Familien mit Migrationshintergrund gewinnt dieses Vorhaben in Bezug auf die gesundheitliche Chancengleichheit an Bedeutung. 

Letztlich beeinflusst die Einführung ernährungsbildender Maßnahmen insbesondere in der Ganztagsschule maßgeblich die Akzeptanz des schulischen Verpflegungsangebots. Eine erfolgreiche Umsetzung des Versorgungs- und Bildungsauftrags gelingt somit nur Hand in Hand und durch einen ganzheitlichen Ansatz.

Leistungen am Beispiel Mittagsverpflegung an Schulen

Die vorliegende Fachinformation vermittelt vielfältige Anregungen, wie die BuT-Leistungen insbesondere im Ganztagsprogramm unter besonderer Berücksichtigung der Mittagessenverpflegung aktiv und als integrativer Bestandteil des Schulprogramms systematisch beworben und in der Praxis umgesetzt werden können. 

Das Mittagessen kommt für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Betracht, die jünger als 25 Jahre sind, eine allgemeine oder eine berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten sowie für Kinder in Kindertagesstätten.

Vorausgesetzt wird, dass deren Eltern, beziehungsweise sie selbst als Volljährige, eine der folgenden Sozialleistungen erhalten:

  • Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende; bis 12/2022 unter der Bezeichnung SGB II bekannt)
  • Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grund- sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung / SGB XII)
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
  • Kinderzuschlag oder Wohngeld
  • Eltern, die zwar keine Sozialleistungen erhalten, aber dennoch mit ihrem Einkommen bestehende Bedarfe für Bildung und Teilhabe ihrer Kinder nicht decken können.

Die jeweiligen Formulare auf Bildung und Teilhabe für das Mittagessen sind bei den zuständigen BuT-Beratungsstellen vor Ort oder auf der Website der zuständigen Stellen zu erhalten. Weitere Informationen über Anlaufstellen in Hessen erhalten Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. 

Da das Anmeldeverfahren für die BuT-Leistungen – auch das für ein Mittagessen – in den Kreisen und kreisfreien Städten organisiert wird, kann dieses unterschiedlich verlaufen und auch bei unterschiedlichen Anlaufstellen geltend gemacht werden müssen.

Familien, die Bürgergeld (bis 2022 als SGB II bekannt) oder Sozialhilfe (SGB XII) erhalten: 

Es ist keine gesonderte Antragstellung erforderlich, da die Leistungen für Bildung und Teilhabe fester Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind. Dennoch sollte anhand des ausgefüllten BuT-Formulars eine offizielle Geltendmachung der Leistung in der Regel beim örtlichen Jobcenter/einer BuT-(Fach-)Stelle erfolgen.

Familien, die Leistungen nach dem Asylbewerber- Leistungsgesetz (AsylbLG) erhalten: 

Es ist ebenfalls keine gesonderte Antragstellung erforderlich. Dennoch sollte anhand des ausgefüllten BuT- Formulars ebenfalls eine offizielle Geltendmachung der Leistung in der Regel bei der zuständigen BuT- (Fach-)Stelle der Kreisfreien Stadt beziehungsweise des Landkreises erfolgen.

Familien mit Bezug von Kinderzuschlag oder Wohngeld: 

Es ist für alle Bildungs- und Teilhabeleistungen eine offizielle Antragstellung erforderlich. Dieser Antrag wird in der Regel an die entsprechende BuT-(Fach-)Stelle der Kreisfreien Stadt beziehungsweise des Landkreises gerichtet.

Zu den Leistungen aus Bildung und Teilhabe zählen neben der Übernahme der tatsächlichen Kosten für die Mittagsverpflegung folgende Leistungen: 

  • eintägige Schul- und Kita-Ausflüge (Übernahme tatsächlicher Kosten)
  • mehrtägige Klassen- und Kita-Fahrten (Übernahme tatsächlicher Kosten)
  • der persönliche Schulbedarf (Übernahme von 174 Euro pro Kind pro Schuljahr)
  • die Beförderung von Schülerinnen und Schülern zur Schule (Übernahme der tatsächlichen Kosten),
  • die Lernförderung (Übernahme tatsächlicher Kosten; Nachhilfe kann zukünftig auch dann genutzt werden, wenn die Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist) und
  • die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (wie im Sportverein oder in der Musikschule in Höhe von 15 Euro monatlich).

Vorteilhaft ist, dass die Fahrkarten für Schülerinnen und Schüler des öffentlichen Nahverkehrs auch zu allgemeinen Fahrten außerhalb des Schulverkehrs genutzt werden können

Gut zu wissen

Die Familien, die Bürgergeld oder Sozialhilfe erhalten oder die nach dem AsylbLG gefördert werden, sollten trotz des Hinweises, dass die BuT-Leistungen Teil ihrer bereits bewilligten Sozialleistung sind, einen offiziell ausgefüllten Antrag bei der entsprechenden BuT-(Fach-)Stelle einreichen. Denn die BuT-Leistungen werden nicht automatisch ausgezahlt. Nach einer offiziellen Anfrage auf ein BuT-gefördertes Mittagessen bei einer BuT-(Fach-) Stelle wird der Familie eine offizielle Leistungszusage zugesendet. Diese dient als Nachweis für den Anbieter der Mittagsverpflegung, dass die Kosten der BuT-Leistung von der Kommune übernommen werden.

Jedes Kind kann mehrere BuT-Leistungen gleichzeitig beantragen und erhalten. Dafür sind jedoch unterschiedliche Antragsformulare auszufüllen, die ebenfalls vor Ort oder auf der Website des jeweiligen Jobcenters beziehungsweise der BuT-(Fach-)Stelle erhältlich sind.
 

Herausforderungen bei der Anmeldung

Folgende Gründe und Ursachen können gegeben sein, wenn Eltern keinen Antrag auf BuT-Leistungen stellen.  

HerausforderungUrsache
Mangelndes Wissen über die Nutzung von BuT- LeistungenViele Eltern stellen keinen Antrag, weil sie überhaupt nicht wissen, dass es die BuT-Leistungen gibt bzw. dass sie diese für ihre Kinder in Anspruch nehmen können. 
Überforderung beim Ausfüllen der Antragsformulare

Viele Eltern können die BuT- Anmeldungen nicht selbstständig durchführen, da sie beispielsweise die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen oder sich ganz allgemein beim Ausfüllen von offiziellen Anträgen unsicher fühlen. 

Die meisten BuT-Formulare sind bisher nur in deutscher Sprache verfügbar und sind daher insbesondere für einige Eltern mit Migrationshintergrund schwer verständlich. 

Einige Kommunen, wie zum Beispiel die Stadt Frankfurt oder der Landkreis Offenbach, stellen die Formulare in anderen Sprachen bereit und tragen dazu bei, erste Hürden abzubauen.

Bedeutung einer regelmäßigen warmen Mahlzeit

Zusätzlich ist vielen Eltern das Mittagessensangebot und die Bedeutung einer warmen Mahlzeit für ihre Kinder nicht bekannt. 

In solchen Fällen ist es wichtig, ihnen die Bedeutung eines warmen Mittagessens für die Lern- und Leistungsfähigkeit ihrer Kinder im Schulalltag näherzubringen. Dazu sollten entsprechende Informationen sowie die Vorstellung des Caterers mit seinem Essensangebot allen Eltern zugänglich gemacht werden.

Kinder mögen das Mittagessen nicht

Für die Akzeptanz des Mittagessens bei den Kindern und Jugendlichen ist zum einen der positive Zuspruch der Eltern entscheidend, gleichzeitig spielen die Aufsichten in der Mensa und die Betreuungskräfte in der Nachmittagsbetreuung eine wichtige Rolle. Indem sie die Kinder zum Mittagessen begleiten und sie betreuen, können sie die Kinder langsam an die Abläufe in der Mensa und das Essensangebot heranführen. 

Am besten sollten sie gemeinsam mit den Kindern essen, um als Vorbild zu agieren. Dies gilt nicht nur für die Betreuungskräfte, sondern die gesamte Schulgemeinde.

Anmeldung und Sensibilisierung der SchulgemeindeDamit möglichst viele berechtigte Schülerinnen und Schüler am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen können, sollte die Schulgemeinde dieses Ziel gemeinsam „Hand in Hand“ verfolgen. und umsetzen.

BuT-Beauftragter

Die Aufgaben des/der BuT-Beauftragten könnten in einer Schule beispielsweise von dem oder der Verpflegungs-Beauftragten, der UBUS- Fachkraft, der Sozialarbeiterin beziehungsweise dem Sozialarbeiter der Nachmittagsbetreuung, der Ganztagskoordinatorin beziehungsweise dem Ganztagskoordinator oder von der Schulgesundheitsfachkraft übernommen werden. Empfehlenswert wäre es, dieser Person (idealerweise ein Tandem) als offizieller BuT-Beauftragten der Schule entsprechend ihrer Tätigkeit ein zusätzliches Zeitkontingent zur Verfügung zu stellen, damit die Verantwortung für die BuT-Abwicklung der gesamten Schule nicht als zusätzliche Aufgabe im gleichen Stundenumfang übernommen werden muss und somit eine Überlastung vermieden werden kann.

Beim ersten Info- oder Elternabend für neu eingeschulte Schülerinnen und Schüler, aber auch bei anderen Elternveranstaltungen, Schulfesten und ähnlichen schulischen Anlässen sollte die Bedeutung eines warmen Mittagessens und die Möglichkeit einer Kostenübernahme für das Mittagessen in der Schule durch die BuT-(Fach-)Stellen oder das Jobcenter wo immer und so oft wie möglich kommuniziert werden. Ebenso sollte wiederholend auf das BuT-Formular für die Teilnahme am Mittagessen hingewiesen und es sollten leichtverständliche und möglichst mehrsprachige BuT-(Informations-)Materialien wie Poster, Flyer und Formulare bereitgestellt werden.

Enge multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Bildungs- und Sozialeinrichtungen vor Ort könnte bewirken, dass die BuT-Leistungen stärker in den Fokus gerückt und gemeinsam beworben werden. Dadurch können vorhandene Ängste und Vorbehalte bei den Eltern gezielt abgebaut werden, da die Informationen nicht nur von der Schule, sondern auch von einzelnen vertrauten Personen im Stadtteil vermittelt werden. In einigen Fällen stellen Eltern die BuT-Anträge sogar aufgrund der individuellen Beratung von Schlüsselpersonen, die in den sozialraumbezogenen Netzwerken tätig sind.

Für eine erfolgreiche Antragstellung bedarf es – je nach individueller Familiensituation (Deutschkenntnisse, Bildungsstand, Belastbarkeit der Eltern) einer individuellen Hilfestellung während des gesamten Anmeldeprozesses von BuT-Leistungen. Die Voraussetzung dafür ist ein angemessenes Maß an (interkultureller) Empathie und Geduld, Verständnis und häufig auch Beharrlichkeit, um den betroffenen Familien entsprechend ihrer individuellen Situation gerecht zu werden.

Die Akzeptanz beziehungsweise Auseinandersetzung kann unter anderem durch eine handytaugliche Gestaltung der Homepage erhöht werden, die über die BuT-Leistungen und deren Beantragung informiert. Besonders gut werden leicht verständliche Erklärvideos angenommen. Im Idealfall ist auch das digitale Ausfüllen der BuT-Anträge möglich. Um die Informationen leicht auffindbar zu machen, eignet sich ein Hinweis auf der Schulwebsite, auf der auch allgemeine Informationen zum Mittagessen zu finden sein sollten.

Das Abfotografieren der ausgefüllten Formulare und der Nachweise sowie die Übermittlung über den „Digitalen Briefkasten“ der jeweiligen BuT-(Fach-)Stelle können den Prozess der Antragstellung vereinfachen.

Selbstverständlich erfolgen alle diese Schritte des Anmeldeprozesses unter Einhaltung des Datenschutzes, indem vorab eine Genehmigung der Eltern zur Weiterleitung persönlicher Daten eingeholt worden ist.

Fazit

Eine schulinterne Klärung notwendiger struktureller und operativer Anpassungen leistet einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Handhabung von BuT-Leistungen. 

Eine besondere Rolle spielen gut vernetzte Schnittstellen in den Schulen und im sozialen Umfeld, die eine vertrauensvolle Verbindung zu den Eltern aufbauen und sie individuell bei dem gesamten Prozess von der Anmeldung bis zur Zusage der Leistungen begleiten. Erst dann kann eine wichtige Voraussetzung geschaffen werden, um die Chancengleichheit im Sinne von Bildung und Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler von der gesamten Schulgemeinde überzeugend und konsequent zu fördern. 

Durch eine enge professionelle Vernetzung zwischen den Bildungs- und Sozialeinrichtungen könnte eine verstärkte Hervorhebung und gemeinsame Förderung aller BuT-Leistungen ermöglicht werden. Im Hinblick auf die Teilhabe im Ganztag – sei es in Form eines Mittagessens oder von ernährungsbildenden Maßnahmen – bieten die BuT-Leistungen ein großes Potenzial, das möglichst von allen Antragsberechtigten ausgeschöpft werden sollte.

Fachliche Expertise

Bildung und Teilhabe

Fachinformation

Bildung und Teilhabe (BuT)

Manuela Brune-Hernández
Pädagogin (M. A.)

Dr. Reinhild Link
Promovierte Diplom-Ernährungswissenschaftlerin (Dr. oec. troph.)